Was beinhaltet die Heilpädagogische Spieltherapie
Über Rollenspiele stellen die Kinder ihre Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse dar. Durch das Verbalisieren der kindlichen Erlebenswelt durch den Heilpädagogen fühlt sich das Kind wahrgenommen und verstanden. Dieses Erleben bildet die Grundlage für Veränderungsprozesse und das Entfalten eigener Selbstheilungskräfte. Das Spiel wirkt als Quelle von Selbstwirksamkeitserfahrungen. Hierbei können neue Fertigkeiten erprobt und eingeübt werden. Hierzu ein paar beispielhafte Fähigkeiten:
- Positive und korrigierende Beziehungserfahrungen:
Vernachlässigte Kinder zeigen oft regressive Verhaltensweisen und spielen oft Tierkinder, die versorgt werden wollen oder Krankenhaus-Rollenspiele, bei denen sie verarztet und umsorgt werden. Dies wird von den Kindern als nährend und stärkend erlebt, was die Grundlage für die nächsten Entwicklungsschritte (z. B. Autonomie, Selbständigkeit) darstellt.
- Erleben von Sicherheit und Stärke:
Ängstliche Kinder oder Kinder in familiären Belastungssituationen spielen z. B. einen starken und gefährlichen Tiger oder ein omnipotentes Monster, das alle Bedrohungen bzw. Gefahren überwindet und unverletzbar ist. Dieses Erleben und Verinnerlichen von innerer Stärke ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Kinder anschließend mit ihren ängstlichen und verletzbaren Anteilen auseinandersetzen können. Das Stärken der eigenen Ressourcen kommt stets vor der Problembearbeitung.
Gerade bei traumatisierten Kindern, die sich ohnmächtig ausgeliefert als Opfer erleben mussten, ist das Erleben der Stärke, der Einflussnahme und Kontrolle für ihren Heilungsprozess sehr bedeutsam.
- Erleben von Selbstwirksamkeit und Stärkung des Selbstwertgefühls:
Das Kind setzt seine Spielideen aktiv handelnd um. Es erlebt sich dabei als ideenreich und kompetent, auch im Finden von kreativen Lösungen. Als „Regisseur“ schaut es wie von außen auf das Spielgeschehen und behält den Überblick. Dieses Erleben von Kontrolle, Einflussnahme und Selbstwirksamkeit stärkt seine Zuversicht, auch im Alltag schwierige Situationen positiv meistern zu können.
- Entwickeln von Spielfähigkeit:
Manche Kinder wirken sehr unruhig, sprunghaft, chaotisch agierend. Es fällt ihnen schwer, Spielideen zu entwickeln und ausdauernd nachvollziehbare Rollenspiele zu gestalten. Über das Anschauen von Büchern zu Piraten, Rittern und Indianern bekommen die Kinder eine Vorstellung, wie diese Menschen gelebt haben. Danach fällt es ihnen leichter, eine Geschichte zu entwickeln, die wir gemeinsam spielen. Der Aufbau der Spielkulisse dient dem Kind als Strukturierungshilfe und fördert das Entwickeln eigener Spielideen und sinnvoller Spielabläufe. Indem wir als Heilpädagogen aktiv mitspielen, fällt es den Kindern leichter, selbst in die Rolle des Ritters oder Piraten zu schlüpfen und diese Rolle aktiv zu gestalten. Diese Rollenübernahme und die damit verbundene Fähigkeit des Perspektivenwechsels stellt eine wichtige Grundlage für Empathiefähigkeit dar.
Diese sonst so unruhigen Kinder, die im Alltag wenig positive Rückmeldungen bekommen und somit oft ein negatives Selbstbild aufgebaut haben, freuen sich nun daran, so tolle Spiele gestaltet und erlebt zu haben. Mit zunehmend entwickelter Spielfähigkeit werden sie ausgeglichener und zufriedener. Ihr „Störverhalten“ nimmt ab. Stattdessen werden sie mit ihren Spielideen nun für andere Kinder als Spielpartner interessant, was ihr Selbstbewusstsein wiederum positiv beeinflusst.
- Neues wagen – Abbau von Vermeidungstendenzen:
Manche Kinder erleben immer wieder Misserfolge und trauen sich wenig zu. Sie wählen stets Beschäftigungen, die ihnen vertraut sind und bei denen sie sich sicher fühlen. Sie scheuen sich, Neues auszuprobieren und vermeiden Anforderungssituationen. Im Schonraum der heilpädagogischen Förderung und der ergotherapeutischen Behandlung, erlebt das Kind viel Wertschätzung und uneingeschränkte Zuwendung. Es wird mit seinen Vorlieben und Stärken wahrgenommen. Basierend auf diesen positiven Beziehungserfahrungen und dem Zutrauen und Zuspruch durch den Therapeuten ist es den Kindern möglich, sich Herausforderungen zu stellen. Über die zunehmend erlebten Erfolge schwindet das Vermeidungsverhalten, es kommt zum „wiederholenden Tun“ im Alltag, zu Entwicklungsfortschritten und somit zum Aufholen von Entwicklungsrückständen.